225 Jahre Langewahl
Eine Gemeinde im Wandel der Zeiten
von Manfred Brosinsky
Die Gründung des Ortes Langewahl nach dem Tag genau anzugeben ist nicht möglich, da keine urkundlichen
Beweisstücke existieren.
Auch im Kirchenbuch der Gemeinde Neu Golm, zu der die Kirchengemeinde Langewahl bis zum
Bau einer eigenen Kirche im Jahr 1953/54 gehörte, sind keine wesentlichen Eintragungen über die
Gründungszeit des Ortes zu finden.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde vom damaligen Dorfschullehrer Höhne eine Schulchronik
geschrieben, in der einige Angaben über die Gründungszeit des Ortes nachzulesen sind.
Als Gründungsjahr wurde das Jahr 1753 genannt.
Das die Entstehungsgeschichte des Ortes bis in unsere Tage erhalten blieb, haben wir
hauptsächlich der mündlichen Überlieferung von Generation zu Generation zu verdanken.
Um das Jahr 1750 hatte die kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer vom
Preußenkönig - Friedrich dem II. - Befehl erhalten, in ihren Departement nachzuforschen, ob die
Voraussetzungen gegeben sind, durch Urbarmachung von verwachsenen Ländereien und Brüchen, neue
Kolonien zu gründen.
Zu dieser Zeit bekam der preußische Hauptmann Winkelmann, vom König Friedrich dem II. für sogenannte
" Verdienste " im 2. schlesischen Krieg, Land zu gesprochen.
Zur Urbarmachung wurde ihm ein Gebiet süd-östlich der Stadt Fürstenwalde (Gründung um 1250) in Richtung
Alt Golm oder süd-westlich der Stadt in Richtung Markgrafpieske (1346 gegr.) angeboten.
Die Wahl für den Standort seiner neuen Wohnstätte muß ihm nicht leicht
gefallen sein. Nach langem hin und her, ließ er sich süd-östlich der Stadt
nieder und baute das erste Haus in dieser Gegend.
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Mit dem Brennen von Alkohol versuchte er sein Lebensunterhalt zu bestreiten.
Kurze Zeit nach der Grundsteinlegung durch Winkelmann, siedelten noch noch
22 Familien in die nähere Umgebung.
Im Jahr 1753 erfolgte dann die Gründung des Ortes. Da kein passender Name
für die Ortschaft gefunden wurde, erinnerte man sich an der langen Wahl des
Hauptmanns Winkelmann und dessen Entscheidung für dieses Fleckchen Erde und
nannte den Ort " Langewahl ".
(im Jahr 1841 wurde dann auch der erste Amtssiegel mit dem Bildnis
Winkelmanns geprägt, später wurde eine Straße nach ihm benannt.)
13 Jahre nach der Gründung waren von 22 angesiedelten Familien nur noch 5
vorhanden, alle anderen haben die "Sandschellen" fluchtartig verlassen.
So mußte 1768 eine neue Besiedlung erfolgen, bei der dann 5 Bauern, 2
Kossäten und 14 Büdner im Dorf ihre Bleibe fanden. Das von Winkelmann gebaute
Haus, stand neben dem ehemaligen Schulgebäude. In diesem Haus wurde auch die
erste Dorfschulklasse des Ortes eingerichtet.
Auch das Schäferhaus auf dem Glasberg in der Streitberger-Straße war eins
von den erstgebauten Häusern des Ortes. Alle weiteren Häuser wurden dann auf beiden
Seiten entlang der ehemaligen Heerstraße "Fürstenwalde-Beeskow"
gebaut. Die ersten Häuser waren Lehmfachwerkbauten mit Strohdacheindeckung.
Für die Beheizung der Räume und zum zubereiten der Speisen diente
ein aus Feldsteine gebauter offener Kamin mit einem Rauchfanganschluß
zum Schornstein (schwarze Küche genannt).
Die notwendigsten Baumaterialien wie Lehm, Kies, Holz und Schilfrohr
gab es in der näheren Umgebung.
Als die Bautätigkeit allmählig zunahm, wurde unweit
des Ortes in Richtung Alt Golm eine Ziegelei errichtet.
Die Grundstoffe wie Lehm, Ton , Kies und Sand waren reichlich vorhanden.
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Die einstigen Brennöfen sind schon lange in den Sand vergangen.
Das betreffene Waldstück wird von älteren Einwohnern heute noch
als " Ziegeleifichten " bezeichnet. Das Wohnhaus Reerhütte (frühere
Zugehörigkeit Alt Golm) in den " Kohlerfichten " unweit von Lagewahl,
blieb in seinem Ursprung bis in unsere Zeit erhalten und war bis zum Jahr
1950 bewohnt. Die ersten Bewohner haben dort aus Kienholz Teer gebrannt.
So erklärt sich auch die Bezeichnung " Teerhütte und Kohlerfichten
".
Weiterhin wird von den Langewahlern heute noch erzählt, daß
die Spree früher mal dicht an Langewahl entlanggeflossen ist. Von
Streitberg, dem nahe gelegenen Dehmsee und Fuhrmannsee verläuft ein
schmales Tal nördlich von Langewahl und setzt sich südlich der
alten Langewahler-Straße der "Neene" in Richtung Alt-Ketchendorf
fort.
Der moorige Teegensee, Sauboden, die Luchwiesen und die Neene in der
Nähe der ehemaligen Gutswiesen deuten noch heute auf das ursprüngliche
Flußbett der alten Wendischen -Spree hin.
Dieses, mit der Zeit verlandete Spreetal, wurde dann das einzige ertragsreiche
Ackerland auf den Langewahler Sandschellen.
In den ersten hundert Jahren nach der Gründung hatte sich das
Bild des Ortes nicht wesentlich verändert.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in Langewahl, 1 Lehngut
mit Gasthof (später Gasthaus Drescher), 2 Bauernwirtschaften, 5 Kossätenbauern,
2 Kolonialwarengeschäfte, 1 Schlächterei, 2 Feldschmieden, 1
Stellmacherei.
Die Schule hatte immer noch einen Klassenraum und der Unterricht wurde
in zwei Schichten durchgeführt.
Die Lebenslage der Arbeiter und Bauern hatte sich trotz zunehmender
Industriealisierung in Deutschland nicht gebessert. Es gab zu dieser Zeit
in Langewahl einige Handwerker und Schiffer . Der überwiegende Teil
der Bevölkerung bestand aus Tagelöhner und Gelegenheitsarbeiter,
die sich ihren Lebensunterhalt auf den Gütern der näheren Umgebung
und bei Bauunternehmern in Fürstenwalde verdienten.
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Der Tageslohn eines Bauarbeiters betrug bei 13 stündiger Arbeitszeit
(ohne Versicherungsschutz) 14 Silbergroschen. Der Verdienst der Landarbeiter
war noch viel geringer. 1 Pfund Butter kostete bis zu 10 Silbergroschen.
1 Pfund Roggenmehl 1 Silbergroschen. Um wenigstens die notwendigsten Lebensmittel
kaufen zu können, mußten oftmals die Kinder mithelfen den Lebensunterhalt
zu verdienen.
Nach 1871 wurden in Langewahl die ersten Vereine gegründet. Es
gab einen Kriegerverein, Schifferverein und Jahre später kam noch
ein Radfahrverein und ein Turnverein hinzu. Parteien wurden in Langewahl
erst nach dem 1. Weltkrieg wirksam. Anfang der 20er Jahre arbeitete ein
großer Teil der Langewahler bei der Firma Pintsch und in den Kabelwerken
in Fürstenwalde. Die Arbeiterbewegung hatte sich in Langewahl in dieser
Zeit sehr verstärkt. Ein nicht geringer Teil der Arbeiter trat der
SPD und KPD bei.
Mit dem Machtantritt der Nazis wurde jede fortschrittliche Entwicklung
unterbrochen. Die Arbeiterparteien wurden verboten und der Arbeiterturnverein,
der in dieser Zeit in Langewahl große Erfolge zu verzeichnen hatte,
hörte auf zu existieren.
Im Jahr 1936 wurde der kleine Ort Streitberg, Ortsteil von Langewahl.
Die Nazi-Herrschaft endete mit der Niederschlagung des Faschismusses
durch die rote Armee.
Wie überall in der damals sowjetisch-besetzten Zone, wurde auch
in Langewahl die demokratische Ordnung hergestellt und mit dem Wiederaufbau
begonnen.
Im Jahre 1946 vereinigten sich auch in Langewahl die Mitglieder der
KPD und SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Mit Gründung
der DDR wurde überall in unserem Land der Sozialsimus aufgebaut. Auch
in Landgemeinden war die fortschrittliche Entwicklung nicht mehr aufzuhalten.
Im Jahr 1960 wurde in Langewahl die LPG Typ I gegründet. Handwerker
der Gemeinde und aus dem Kreisgebiet gründeten eine PGH.
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Überall in der Gemeinde nahm die Bautätigkeit zu. Streitberg,
der kleine Ort an der Spree, wurde für die Naherholung erschlossen.
Wir schreiben das Jahr 1978 - genau 225 Jahre nach der Gründung
des Ortes (Einwohner 789).
Die Langewahler können wirklich stolz sein auf ihre Wohngemeinde
und auf die Errungenschaften.
So wurde das gesamte Straßennetz des Ortes mit einer neuen Beleuchtungsanlage
versehen, der Kindergarten wurde umgebaut, modernisiert un um Plätze
erweitert. Das ehemalige Schulgebäude wurde umgebaut und eine moderne
Poststelle und eine Schwesternstation eingerichtet. Auf einem ehemaligen
Schlachthof enstand ein Betriebsteil des Getränkekombinates Frankfurt
(Oder).
Die Fertigstellung der zentralen Wasserleitung ist für 1980 vorgesehen.
Weiterhin ist noch der Bau einer Kaufhalle geplant. Die Versorgungseinrichtungen
der Gemeinde werden durch ein reichhaltiges Angebot und gute Bedienung,
nicht nur von den Langewahlern, geschätzt.
Hervorzuheben ist noch die ständige Bautätigkeit der Bevölkerung
an den Eigenheimen und Grundstücken. Im Jahre 1973 wurde die Gemeinde
Langewahl 2. Bezirkssieger im Wettbewerb " Schöner unsere Städte
und Gemeinden - mach mit ! ".
Der überwiegende Teil der Langewahler Bevölkerung arbeitet
heute in den Kombinaten und Betrieben der Kreisstadt Fürstenwalde.
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Durch die hohen Leistungen der Werktätigen in der DDR wächst
das hohe Lebensniveau des Volkes ständig. Diese Entwicklung spiegelt
sich auch in der Gemeinde Langewahl nieder und ist bleibender Beweis für
die Richtigkeit von Partei und Regierung.
Der Rat der Gemeinde Langewahl in wirksamer Zusammenarbeit mit
den Massenorganisation und der Bevölkerung wird weitere Aktivitäten
entwickeln, um Langewahl unter den Städten und Gemeinden unserer Republik
ein immer währendes Ansehen zu sichern.
Manfred Brosinsky