Aus der Festschrift zur 225-Jahr-Feier im Jahr 1978

Abschrift: Bernd Stiller 2003 bis 2005


225 Jahre Langewahl

Eine Gemeinde im Wandel der Zeiten



von Manfred Brosinsky



Die Gründung des Ortes Langewahl nach dem Tag genau anzugeben ist nicht möglich, da keine urkundlichen Beweisstücke existieren.
Auch im Kirchenbuch der Gemeinde Neu Golm, zu der die Kirchengemeinde Langewahl bis zum Bau einer eigenen Kirche im Jahr 1953/54 gehörte, sind keine wesentlichen Eintragungen über die Gründungszeit des Ortes zu finden.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde vom damaligen Dorfschullehrer Höhne eine Schulchronik geschrieben, in der einige Angaben über die Gründungszeit des Ortes nachzulesen sind.
Als Gründungsjahr wurde das Jahr 1753 genannt.
Das die Entstehungsgeschichte des Ortes bis in unsere Tage erhalten blieb, haben wir hauptsächlich der mündlichen Überlieferung von Generation zu Generation zu verdanken.
Um das Jahr 1750 hatte die kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer vom Preußenkönig - Friedrich dem II. - Befehl erhalten, in ihren Departement nachzuforschen, ob die Voraussetzungen gegeben sind, durch Urbarmachung von verwachsenen Ländereien und Brüchen, neue Kolonien zu gründen.
Zu dieser Zeit bekam der preußische Hauptmann Winkelmann, vom König Friedrich dem II. für sogenannte " Verdienste " im 2. schlesischen Krieg, Land zu gesprochen.
Zur Urbarmachung wurde ihm ein Gebiet süd-östlich der Stadt Fürstenwalde (Gründung um 1250) in Richtung Alt Golm oder süd-westlich der Stadt in Richtung Markgrafpieske (1346 gegr.) angeboten.
Die Wahl für den Standort seiner neuen Wohnstätte muß ihm nicht leicht gefallen sein. Nach langem hin und her, ließ er sich süd-östlich der Stadt nieder und baute das erste Haus in dieser Gegend.

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Mit dem Brennen von Alkohol versuchte er sein Lebensunterhalt zu bestreiten. Kurze Zeit nach der Grundsteinlegung durch Winkelmann, siedelten noch noch 22 Familien in die nähere Umgebung.
Im Jahr 1753 erfolgte dann die Gründung des Ortes. Da kein passender Name für die Ortschaft gefunden wurde, erinnerte man sich an der langen Wahl des Hauptmanns Winkelmann und dessen Entscheidung für dieses Fleckchen Erde und nannte den Ort " Langewahl ".
(im Jahr 1841 wurde dann auch der erste Amtssiegel mit dem Bildnis Winkelmanns geprägt, später wurde eine Straße nach ihm benannt.)
13 Jahre nach der Gründung waren von 22 angesiedelten Familien nur noch 5 vorhanden, alle anderen haben die "Sandschellen" fluchtartig verlassen.
So mußte 1768 eine neue Besiedlung erfolgen, bei der dann 5 Bauern, 2 Kossäten und 14 Büdner im Dorf ihre Bleibe fanden. Das von Winkelmann gebaute Haus, stand neben dem ehemaligen Schulgebäude. In diesem Haus wurde auch die erste Dorfschulklasse des Ortes eingerichtet.
Auch das Schäferhaus auf dem Glasberg in der Streitberger-Straße war eins von den erstgebauten Häusern des Ortes. Alle weiteren Häuser wurden dann auf beiden Seiten entlang der ehemaligen Heerstraße "Fürstenwalde-Beeskow" gebaut. Die ersten Häuser waren Lehmfachwerkbauten mit Strohdacheindeckung. Für die Beheizung der Räume und zum zubereiten der Speisen diente ein aus Feldsteine gebauter offener Kamin mit einem Rauchfanganschluß zum Schornstein (schwarze Küche genannt). 
Die notwendigsten Baumaterialien wie Lehm, Kies, Holz und Schilfrohr gab es in der näheren Umgebung.
Als die  Bautätigkeit allmählig zunahm, wurde unweit des Ortes in Richtung Alt Golm eine Ziegelei errichtet.
Die Grundstoffe wie Lehm, Ton , Kies und Sand waren reichlich vorhanden.

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Die einstigen Brennöfen sind schon lange in den Sand vergangen. Das betreffene Waldstück wird von älteren Einwohnern heute noch als " Ziegeleifichten " bezeichnet. Das Wohnhaus Reerhütte (frühere Zugehörigkeit Alt Golm) in den " Kohlerfichten " unweit von Lagewahl, blieb in seinem Ursprung bis in unsere Zeit erhalten und war bis zum Jahr 1950 bewohnt. Die ersten Bewohner haben dort aus Kienholz Teer gebrannt. So erklärt sich auch die Bezeichnung " Teerhütte  und Kohlerfichten ".
Weiterhin wird von den Langewahlern heute noch erzählt, daß die Spree früher mal dicht an Langewahl entlanggeflossen ist. Von Streitberg, dem nahe gelegenen Dehmsee und Fuhrmannsee verläuft ein schmales Tal nördlich von Langewahl und setzt sich südlich der alten Langewahler-Straße  der "Neene" in Richtung Alt-Ketchendorf fort.
Der moorige Teegensee, Sauboden, die Luchwiesen und die Neene in der Nähe der ehemaligen Gutswiesen deuten noch heute auf das ursprüngliche Flußbett der alten Wendischen -Spree hin.
Dieses, mit der Zeit verlandete Spreetal, wurde dann das einzige ertragsreiche Ackerland auf den Langewahler Sandschellen.
In den ersten hundert Jahren nach der Gründung hatte sich das Bild des Ortes nicht wesentlich verändert.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in Langewahl, 1 Lehngut mit Gasthof (später Gasthaus Drescher), 2 Bauernwirtschaften, 5 Kossätenbauern, 2 Kolonialwarengeschäfte, 1 Schlächterei, 2 Feldschmieden, 1 Stellmacherei.
Die Schule hatte immer noch einen Klassenraum und der Unterricht wurde in zwei Schichten durchgeführt.
Die Lebenslage der Arbeiter und Bauern hatte sich trotz zunehmender Industriealisierung in Deutschland nicht gebessert. Es gab zu dieser Zeit in Langewahl einige Handwerker und Schiffer . Der überwiegende Teil der Bevölkerung bestand aus Tagelöhner und Gelegenheitsarbeiter, die sich ihren Lebensunterhalt auf den Gütern der näheren Umgebung und bei Bauunternehmern in Fürstenwalde verdienten. 

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Der Tageslohn eines Bauarbeiters betrug bei 13 stündiger Arbeitszeit (ohne Versicherungsschutz) 14 Silbergroschen. Der Verdienst der Landarbeiter war noch viel geringer. 1 Pfund Butter kostete bis zu 10 Silbergroschen. 1 Pfund Roggenmehl 1 Silbergroschen. Um wenigstens die notwendigsten Lebensmittel kaufen zu können, mußten oftmals die Kinder mithelfen den Lebensunterhalt zu verdienen.
Nach 1871 wurden in Langewahl die ersten Vereine gegründet. Es gab einen Kriegerverein, Schifferverein und Jahre später kam noch ein Radfahrverein und ein Turnverein hinzu. Parteien wurden in Langewahl erst nach dem 1. Weltkrieg wirksam. Anfang der 20er Jahre arbeitete ein großer Teil der Langewahler bei der Firma Pintsch und in den Kabelwerken in Fürstenwalde. Die Arbeiterbewegung hatte sich in Langewahl in dieser Zeit sehr verstärkt. Ein nicht geringer Teil der Arbeiter trat der SPD und KPD bei.
Mit dem Machtantritt der Nazis wurde jede fortschrittliche Entwicklung unterbrochen. Die Arbeiterparteien wurden verboten und der Arbeiterturnverein, der in dieser Zeit in Langewahl große Erfolge zu verzeichnen hatte, hörte auf zu existieren.
Im Jahr 1936 wurde der kleine Ort Streitberg, Ortsteil von Langewahl.
Die Nazi-Herrschaft endete mit der Niederschlagung des Faschismusses durch die rote Armee.
Wie überall in der damals sowjetisch-besetzten Zone, wurde auch in Langewahl die demokratische Ordnung hergestellt und mit dem Wiederaufbau begonnen.
Im Jahre 1946 vereinigten sich auch in Langewahl die Mitglieder der KPD und SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Mit Gründung der DDR wurde überall in unserem Land der Sozialsimus aufgebaut. Auch in Landgemeinden war die fortschrittliche Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Im Jahr 1960 wurde in Langewahl die LPG Typ I gegründet. Handwerker der Gemeinde und aus dem Kreisgebiet  gründeten eine PGH.

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Überall in der Gemeinde nahm die Bautätigkeit zu. Streitberg, der kleine Ort an der Spree, wurde für die Naherholung erschlossen.

Wir schreiben das Jahr 1978 - genau   225 Jahre nach der Gründung des Ortes (Einwohner 789).

Die Langewahler können wirklich stolz sein auf ihre Wohngemeinde und auf die Errungenschaften.
So wurde das gesamte Straßennetz des Ortes mit einer neuen Beleuchtungsanlage versehen, der Kindergarten wurde umgebaut, modernisiert un um Plätze erweitert. Das ehemalige Schulgebäude wurde umgebaut und eine moderne Poststelle und eine Schwesternstation eingerichtet. Auf einem ehemaligen Schlachthof enstand ein Betriebsteil des Getränkekombinates Frankfurt (Oder).
Die Fertigstellung der zentralen Wasserleitung ist für 1980 vorgesehen. Weiterhin ist noch der Bau einer Kaufhalle geplant. Die Versorgungseinrichtungen der Gemeinde werden durch ein reichhaltiges Angebot und gute Bedienung, nicht nur von den Langewahlern, geschätzt.

Hervorzuheben ist noch die ständige Bautätigkeit der Bevölkerung an den Eigenheimen und Grundstücken. Im Jahre 1973 wurde die Gemeinde Langewahl 2. Bezirkssieger im Wettbewerb " Schöner unsere Städte und Gemeinden - mach mit ! ".
Der überwiegende Teil der Langewahler Bevölkerung  arbeitet heute in den Kombinaten und Betrieben der Kreisstadt Fürstenwalde.

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Durch die hohen Leistungen der Werktätigen in der DDR wächst das hohe Lebensniveau des Volkes ständig. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Gemeinde Langewahl nieder und ist bleibender Beweis für die Richtigkeit von Partei und Regierung.

Der Rat der Gemeinde Langewahl in wirksamer Zusammenarbeit  mit den Massenorganisation und der Bevölkerung wird weitere Aktivitäten entwickeln, um Langewahl unter den Städten und Gemeinden unserer Republik ein immer währendes Ansehen zu sichern.

Manfred Brosinsky